Nachdem eine Volksinitiative den Hamburger Senat dazu verpflichtet hatte, zehn Prozent der Landesfläche als Naturschutzgebiet auszuweisen, ist dies nun mit Verzögerung gelungen. Durch die Erweiterung der bestehenden Naturschutzgebiete Kirchwerder Wiesen und Boberger Niederung erreicht die Hansestadt als erstes Bundesland diese Marke. Mit dem heutigen Senatsbeschluss sind nun mehr als zehn Prozent der Fläche Hamburgs dem nachhaltigen Naturschutz gewidmet.
Naturschutzgebiet Kirchwerder Wiesen
Die naturschutzfachliche Bedeutung der um 203 Hektar erweiterten Kirchwerder Wiesen liegt in ihrem wertvollen Biotop- und Artenreichtum. Die offene Marschlandschaft zeichnet sich durch traditionelle, extensive Grünlandnutzung aus und ist von einem dichten Netz aus Gräben durchzogen. Hier finden zahlreiche Wiesen- und Rastvögel sowie Amphibien, Heuschrecken und Libellen einen geeigneten Lebensraum.
Besonders wichtig sind diese Flächen für Vogelarten wie die Bekassine, Uferschnepfe, den Kiebitz, die Feldlerche und den Weißstorch. Diese Arten benötigen feuchte, weiche Böden zur Nahrungssuche und offene Flächen als Brutreviere. Der Bruterfolg hängt maßgeblich davon ab, dass diese Tiere ungestört bleiben.
Ein weiteres naturschutzfachliches Highlight ist die Gose-Elbe, ein ehemaliger Nebenarm der Elbe, der von historischen Sommerdeichen umgeben ist. Dieses Gebiet beheimatet mit etwa 8.000 Exemplaren das größte Vorkommen der geschützten Schachblume. Das vergrößerte Naturschutzgebiet soll weiterhin als Fauna-Flora-Habitat-Gebiet (FFH-Gebiet) gegenüber der Europäischen Kommission benannt werden und erhält somit den höchsten europäischen Schutzstatus.
Naturschutzgebiet Boberger Niederung
Die Erweiterung der Boberger Niederung umfasst 109 Hektar, vor allem im Bereich des Billebogens. Dieses Gebiet ist ein herausragendes Beispiel für eine naturnahe Kulturlandschaft und wird von der natürlichen Fließstrecke der Bille durchzogen. Die feuchten Grünlandflächen bieten wichtigen Lebensraum für seltene Amphibienarten wie die Kreuzkröte, die hier ihr letztes Vorkommen in Hamburg hat, sowie die gefährdete Knoblauchkröte und den Kammmolch.
Auch Wiesenvögel wie Feldlerche und Kiebitz profitieren von der Umwandlung ehemaliger Ackerflächen in extensiv genutztes Grünland. Der Talraum der Bille stellt mit seinen Wiesen, Weiden, Feldgehölzen und Auwäldern ein besonders schutzwürdiges Landschaftsensemble dar. Die natürliche Vegetation des Flusses und die angrenzenden Hochstaudenfluren bieten zudem Lebensraum für den Eisvogel, den Bitterling und die Sumpfschrecke.
Bedeutung der Erweiterung
Durch die Erweiterungen der Naturschutzgebiete wächst die unter Schutz stehende Fläche Hamburgs von 9,83 auf 10,24 Prozent der Landesfläche. Konkret bedeutet dies ein Wachstum um 312 Hektar: 203 Hektar im Naturschutzgebiet Kirchwerder Wiesen und 109 Hektar in der Boberger Niederung. Damit erreicht das Kirchwerder Wiesen-Gebiet nun eine Gesamtfläche von 1.060 Hektar und ist das größte Naturschutzgebiet Hamburgs. Die Boberger Niederung erstreckt sich jetzt auf 464 Hektar. Insgesamt sind in Hamburg nun 7.733 Hektar als Naturschutzgebiet ausgewiesen.
Diese Erweiterungen sind ein entscheidender Schritt für den Natur- und Artenschutz in der Hansestadt. Sie dienen nicht nur der Erhaltung bedrohter Tier- und Pflanzenarten, sondern unterstützen auch den Klimaschutz durch die Funktion naturnaher Flächen als Kohlenstoffspeicher. Zudem erhöht sich der Erholungswert der Landschaften für die Hamburger Bevölkerung. Angesichts wachsender Nutzungsansprüche kommt Hamburg damit seiner Verantwortung für den Erhalt der Biodiversität auf den verbliebenen natürlichen Flächen nach.