Der Hamburger Senat meldet zur Sommerzeit stolz: 54 öffentliche Trinkwasserbrunnen sind wieder in Betrieb – 44 davon an Toilettenstandorten der Stadtreinigung, zehn von HAMBURG WASSER betreut. Doch was als nachhaltiger Beitrag zum Hitzeschutz verkauft wird, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als unzureichendes Angebot für eine Millionenstadt.
Weit entfernt von europäischem Standard
Zum Vergleich: Wien stellt über 1.300 öffentliche Trinkwasserstellen bereit – für weniger als die Hälfte der Einwohner. Hamburg dagegen bietet mit 54 Brunnen ein Minimum, das weder dem Bedarf noch den Herausforderungen des Klimawandels gerecht wird. In einer Stadt, in der die Sommer zunehmend heißer werden, wirkt diese Maßnahme wie ein Tropfen auf dem heißen Asphalt.
Standortfrage: Trinkwasser neben Toiletten
Ein Großteil der Hamburger Wasserspender ist direkt an öffentlichen Toiletten installiert – eine wenig attraktive Lösung. Technisch mögen die Anlagen einwandfrei sein, doch kaum jemand füllt gern seine Flasche in unmittelbarer Nähe einer WC-Anlage auf. Hier wurde Funktionalität über Nutzungsfreundlichkeit gestellt – eine verpasste Chance für mehr Akzeptanz und Nutzung.
Ungerechte Verteilung: Außenbezirke vergessen
Besonders kritisch ist die Vernachlässigung der Außenbezirke. Im mit Abstand bevölkerungsreichsten Stadtteil Wandsbek existiert aktuell nur ein einziger Brunnen. Wer in Bramfeld, Farmsen-Berne oder Steilshoop wohnt, bleibt auf der Strecke. Eine ernsthafte öffentliche Infrastruktur muss alle Stadtteile berücksichtigen – nicht nur touristisch geprägte Orte oder das Zentrum.
Technik gut – Umsetzung träge
Das neue, vandalismussichere Modell der Trinkbrunnen mit tierfreundlichen Auffangschalen ist ein Fortschritt. Doch viele Standorte bleiben vorerst trocken – Austausch und Inbetriebnahme ziehen sich, während die Temperaturen steigen. Eine proaktive Vorbereitung auf den Sommer sieht anders aus.
Hamburg darf sich bei der öffentlichen Trinkwasserversorgung nicht mit Alibi-Lösungen begnügen. 54 Trinkwasserbrunnen sind für eine Stadt dieser Größe einfach zu wenig – besonders im Vergleich zu europäischen Vorbildern wie Wien. Wir brauchen endlich ein flächendeckendes, gut erreichbares und attraktives Netz an Trinkwasserstellen – als Teil ernsthafter Daseinsvorsorge, nicht nur als sommerliche Symbolpolitik.